Am 20.01.2022 sind unsere Befürchtungen brutale Realität geworden.
Innerhalb weniger Stunden wurden 21 gesunde Bäume an der Budapester Straße gefällt. Das Fällen von Bäumen an sich ist erst mal schlimm genug. Weshalb das in diesem Fall aber auf einem ganz anderen Level und höheren Level Scheiße ist, wer hinter der Fällung steckt und wer von ihr profitiert: Das erzähle ich euch in den nächsten Minuten:
Erst mal kure Zusammenfassung. Was ist heute überhaupt passiert?
Bereits um 3 Uhr morgens rückte eine private Sicherheitsfirma an um das Areal um die Bäume herum einzuzäunen. Ziemlich zeitgleich war auch bereits Polizei vor Ort. Wir gehen davon aus, dass durch diese außergewöhnlich frühe Absicherung eine Besetzung der Bäume verhindert werden sollte, um noch im Schutze der Nacht ungestört mit der Rodung beginnen zu können. Dass zu dieser Zeit bereits drei Baumschützer die Bäumen erklommen hatten, kam für die Auftraggeber sicherlich überraschend.
Trotz massivem Polizeiaufgebot und demonstrativer Härte der Polizist*innen vor Ort konnten die Kletterer in den Bäumen und Demonstrant*innen auf der Straße die Stellung bis ca. 6:30 Uhr halten. Am Ende leider ohne Erfolg. Direkt nachdem der letzte Baumschützer seine Füße am Boden hatte, kreischten die Kettensägen los und ein ganzes Arsenal an Baumfällern sorgte dafür, dass von den meisten, teils fast hundert jährigen Bäumen schon nach wenigen Stunden, nur noch Kaminholz übrig blieb.
Nächster Punkt: Warum und von wem wurden die Bäume jetzt eigentlich gerodet?
Ganz vereinfacht ausgedrückt, mussten diese Bäume heute weichen, damit sich die vier Firmen Pahnke Markenmacherei, Steg, Argus und Team Hamburg an dieser Stelle ein eigenes, nagelneues und gigantisch großes Bürogebäude bauen können. Die vier Firmen sind halt dufte Kumpel und wollen voll gerne zukünftig zusammen in einem Haus sitzen. Süß! Dass es dabei zu Kollateralschäden wie der Verdrängung von ansässigen Betrieben, den Abriss von historischen Gebäuden und nun eben auch zur Rodung von 21 Bäumen kam, ist natürlich ein bisschen ärgerlich, aber die 4 hatten auch wirklich keine andere Möglichkeit als dieses Grundstück. Naja gut, sie hätten auch einfach die komplett freie Fläche auf dem Messevorplatz West, direkt um die Ecke, nutzen können, die als Baugrundstück freigegeben ist und bei der weder Bäume noch Menschen hätten verdrängt werden müssen. Oder sie hätten ein paar der leerstehenden Gewerbeflächen in Hamburg prüfen können. Davon gab es immerhin schon vor der von Corona ausgelösten Homeoffice-Welle über 500.000 leerstehende Quadratmeter.
Allerdings hätten sie beim Einzug in eine Bestandsimmobilie wahrscheinlich auf die großzügige Wirtschaftsförderung der Stadt Hamburg verzichten müssen. Die hat dem Konsortium für den geplanten Klotz nämlich Kostenübernahmen von bis zu 6 Millionen Euro zugesagt, um das Grundstück herzurichten. Um es deutlicher zu sagen: Wir zahlen von unseren Steuergeldern aktuell den Einsatz von Baggern und wahrscheinlich sogar die Kosten für die heutige Rodung.

Aus wirtschaftlicher Sicht kann man natürlich schon irgendwie nachvollziehen, dass Firmen auf Fördergelder angewiesen sind und diese dann eben auch beantragen. Es ist schließlich nicht so, dass eine der 4 Firmen des Baukonsortiums zu, sagen wir mal, 65% einem Multimilliardär aus Berlin gehören würde… Doch es ist so. Der größte Anteilseigner vom „Paulihaus“, die Pahnke Markenmacherei gehört zu 65% dem Storck Erben Axel Oberwelland, der laut Forbes ein Privatvermögen von 4,7 Milliarden Euro besitzt. Vielleicht klingelt gerade bei manchen von euch eine Glocke. Richtig, das ist das gleiche Unternehmen was für die eigene Werkserweiterung aktuell den Steinhauser Wald in Halle rodet.
Das sind bei weitem nicht die einzigen Punkte, warum der Büroklotz unserer Meinung nach niemals Realität werden darf. Viele weitere Gründe findet ihr auf unserer Homepage stpaulicodejetzt.de im Bereich FAQ.
Aber ich fasse noch mal kurz zusammen: 4 Firmen schließen sich zusammen, beantragen und erhalten trotz massivem gewerblichen Leerstand in Hamburg einen finanziellen Zuschuss in Höhe von bis zu 6 Millionen Euro von unseren Steuergeldern, um sich selbst ein neues Bürogebäude zu bauen. Und das, obwohl eine der Firmen zu großen Teilen einem Berliner Multimilliardär gehört, der sich das Projekt locker selbst leisten könnte, wahrscheinlich aber aktuell zu sehr damit beschäftigt ist, in Halle mehrere Hektar Wald dem Erdboden gleich zu machen.
Das ist schon mal ein starkes Stück.
Wenn der Hamburger Senat diese Hintergründe kennen würde, dann würde er den Bau doch sicherlich verhindern wollen und nach anderen Lösungen suchen.
Leider nein. Der Senat weiß Bescheid, über alle oben genannten Dinge und über zahlreiche weitere. Sogar Finanzsenator Dressel hat gegenüber dem NRD einst öffentlich zugegeben, dass für Hamburg durch den Bau am Ende finanziell nichts übrigbleibt! Trotzdem scheint es so, dass alle verantwortlichen Politiker*innen nicht nur die Augen verschließen, sondern aktiv die Realisierung des Büroklotzes herbeiführen wollen. Das zuständige Bezirksamt Hamburg Mitte war zum Beispiel von Beginn an zu keinem einzigen Gespräch mit Vertreter*innen aus der Initiative bereit. Kleine Seitennotiz an dieser Stelle. Die Leitung des Bezirksamtes Hamburg Mitte obliegt der SPD Fraktion Hamburg Mitte. Der Fraktion, die von allen Regionalverbänden in ganz Deutschland die meisten Spenden erhält. Dass diese zum Großteil aus der Immobilienbranche kommen, ist sicher nur ein kurioser Zufall.
Ich weiß, das hört sich alles ganz schön krass an und ist kaum zu glauben, aber alle hier genannten Dinge sind belegt und mit etwas Recherche auch öffentlich einsehbar. Gerne verweise ich hier noch mal auf unsere FAQ, in denen wir zu jedem Punkt Quellen angegeben haben.
Wir finden es einen absoluten Skandal, dass der angeblich so ökologische und soziale rot-grüne Hamburger Senat während einer weltweiten Pandemie, die zu noch mehr gewerblichen Leerstand führt, einen Büroneubau aus Steuergeldern finanziert. Und wir finden es geradezu grotesk, in Zeiten einer Klimakrise die Zustimmung zu erteilen 21 gesunde Bäume zu roden. Und das passiert nicht nur an der Budapester Straße, auch am Alsenplatz sind 27 Bäume in Gefahr, und sollte die geplante Monsterbrücke die Sternbrücke ersetzen fallen dort über 80 Bäume.
Bringen wir es auf den Punkt: der Hamburger Senat versagt aktuell auf ganzer Linie. Sei es im Bereich Kultur, Gastronomie, Mietpreisdeckelung oder eben im Bereich Ökologie. Wenn es so weiter geht, wird bald das einzige Grün, das Hamburg noch zu bieten hat, im Rathaus sitzen. So weit darf es nicht kommen!
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass der Büroklotz niemals Realität wird. Aber das schaffen wir nicht allein. Es braucht mehr Leute und es braucht deutlich mehr Druck, um den Bau zu verhindern. Dabei geht es nicht darum, was ihr von St. Pauli Code Jetzt oder von der bisherigen Art des Protests haltet. Es geht um die Sache. Wenn ihr das „Paulihaus“ verhindern wollt. Dann werdet aktiv. Alleine oder in einem gemeinsamen Bündnis. Anders haben wir keine Chance.